Das Neue.

Liebes Frl. Ideal,

es ist etwas mehr als ein Jahr her, dass ich Ihnen von meinen Gedanken zu einer neuen Nähmaschine berichtete. Das war eine schwere Entscheidung!

Bitte seien Sie jetzt nicht beleidigt: Ich liebe es, wenn Ihre Metallkapsel beim Steppen fröhlich  im Untergrund für uns klappert. Wenn mich wenige Sekunden nach dem Einschalten Geruch nach Maschinenöl und Stoff begrüßt. Wenn ich Ihr Deckelchen aufklappe, um eine andere Schablone für einen Blind- oder Zierstich einlege. Ihr unaufdringliches und zweckmäßiges Äußeres, Ihre Zuverlässsigkeit – und natürlich haben wir uns in den vergangenen 22 Jahren sehr aneinander gewöhnt.

Trotzdem, liebes Frl. Ideal, war es mal an der Zeit für etwas Neues. Denn seien wir mal ehrlich: Stoffe mit viel Elasthan, grobe Strickstoffe oder leichte Chiffonseide verarbeiten Sie nur mit Hilfsmitteln und sehr, sehr viel Zuwendung. Und sehr gerne helfen Sie mir dabei, meine Nähfertigkeiten zu verbessern, indem alle Feinheiten wie knappkantige Nähte oder Knopflöcher ohne weitere Hilfsmittel herzustellen sind.

Erst über die Welt der NähbloggerInnen lernte ich moderne Maschinen kennen.  Mir war sofort klar: falls Sie jemals eine neue Nähmaschine neben sich sehen sollten, müsste „Das Neue“ sowohl Ihre Vorzüge als auch den neuesten Stand der Technik in sich vereinen. Weil ich Computernähmaschinen zunächst skeptisch gegenüberstand, ergänzt Miss E. als kombinierte Cover-Overlock unsere Näharbeiten.

Wirklich eine neue Nähmaschine zu kaufen, war lange Zeit nur ein Hirngespinst, das in meinem Kopf herumgeisterte. Bis der MannimHaus mit mir in Wuppertal in eine Impressionisten-Ausstellung gehen wollte, wir in Anbetracht der einmal durch die Innenstand stehenden Menschenmenge davon Abstand nahmen und aus lauter Jux und Dollerei – was macht man auch sonst in Wuppertal? 😉 – uns in einem winzigen Nähmaschinenladen das Bernina-Topmodell des Geschäfts vorführen ließen. Was die alles konnte!

Dann begann die Marktanalyse. Was sagen die anderen? Stundenlang kann man die Nähmaschinentests von Zeitschriften der letzten Jahre im Internet nachlesen, manchmal auch kaufen. Viele einzelne Bloggerinnen haben sich die Mühe gemacht, die Erfahrungen mit ihrer Nähmaschine ins Netz zu stellen. Auch die Hobbyschneiderinnen haben eine ultimative Anleitung zum Neukauf. Ich fragte am Bloggerstammtisch. Von jeder nahm ich eine andere Anregung mit.

Schließlich erstellte ich eine Checkliste „Nähmaschine aussuchen“ mit Prioritäten und Bewertungssumme: je niedriger die Bewertungssumme, desto größer die Kaufbarkeit.
Entschied, bei dieser Lebensanschaffung nicht zu sehr aufs Geld zu gucken.
Reduzierte die Liste auf vier Maschinen unterschiedlicher Hersteller, die ich in meiner relativen Nähe offline erwerben konnte: Elna, Janome, Pfaff und Brother.
Sah mir alle Maschinen alleine an. Schloss zwei Hersteller aus, weil mir den Bedienmenüs nicht zusagten.
Fuhr mit dem MannimHaus zu einem Händler, der die letzten zwei der  Favoriten vorrätig hatte. Die etwas günstigere zweite Wahl hätte ich vielleicht auch gekauft, der MannimHaus wies mich aber sofort auf Lautstärke hin… Und so fuhren wir mit einer sehr schönen Maschine nach Hause.

Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende. Nur ein Thema ist noch offen, liebes Frl. Ideal: wie nennen wir das Neue?

Steppende Grüße,
Ihre Tily.

PS: Die Testberichte der Aktion „Supertester“ eines Verkäufers, bei der 20 (!) BloggerInnen über ein Jahr hinweg jeweils für einen Monat eine andere Maschine testen durften, kam für meine Entscheidung zu spät.