AnNäherung. Ein Erlebnisbericht.

Liebes Frl. Ideal,

während Sie sich hoffentlich in Ihrer Kur ganz im Westen unseres Landes gut erholen und bald frisch revisioniert zurückkommen, waren unsere Neue, Miss E. und ich am vergangenen Wochenende in Bielefeld – bei der AnNäherung.

Mamamachtsachen, Drehumdiebolzeningenieur und AlleWünschewerdenwahr organisierten dort die mittlerweile dritte AnNäherung für eine geschlossene Nutzergruppe, vorwiegend aus den MeMaids – und endlich konnte ich erstmals mit dabeisein. Stellen Sie sich das bitte so vor:

Freitagnachmittag. In einem großen, lichten Raum stehen großzügige Gruppentische, überall liegen Stromkabel und Mehrfachsteckdosen, Pinnwände stehen bereit. Dieser Raum füllt sich nach und nach mit Gelächter, fröhlichen Begrüßungsrufen und angeregten Gesprächen.  Die Vorstellungsrunde von Person und Projekt wird zwar mit großem Interesse, aber auch mit Ungeduld hinter sich gebracht – Frau will jetzt loslegen!

Schließlich arbeiten etwa 40 Frauen mit ca. 60 Näh- und Overlockmaschinen, 4 Bügelbrettern, einer Dampfbügelstation und 2 Bügelpressen an ihren Projekten. Am einzigen Standspiegel tauscht man sich konstruktiv über Passformverbesserungen aus, immer mal wieder bilden sich dort ganze Diskussionstrauben. An einem Tisch hat sich eine Dreiergruppe zum konspirativen Trenchcoat-Nähen verabredet. Weitere drei Frauen arbeiten vorwiegend mit der Hand – Chaneltechnik oder Alabama Chanin. Ab und an wandern einzelne Frauen halb angezogen mit ihrem Zwischenstand zu anderen Tischen, um dort Meinungen zur Verarbeitung und weiterem Vorgehen einzuholen. Zwischendurch hört man glückliche Ausrufe („Ich hab Fische im Mantel!“), auf verzweifeltes Aufstöhnen folgen unmittelbar Hilfsangebote von rundherum. Nur von kurzem Schlaf und raschen Essenspausen unterbrochen wird konzentriert fabriziert und geredet. Wer sonst Pausen braucht, geht herum und bewundert andere Projekte oder findet auf dem riesigen Tauschtisch neues Material. Irgendwann am späteren Samstagabend herrscht besonders konzentrierte Stimmung am Rande der Erschöpfung – allenthalben werden Ärmel eingesetzt. Um Mitternacht finden sich alle bei Getränk und Snack im Stehen wieder, spannender Austausch über das Nähen, die Maschinen und das Leben allgemein findet statt. Sonntagmorgen dann Endspurt, schon früh surren die Nähmaschinen.

Nach dem Mittagessen stellt jede ihre Ergebnisse vor, es wird geklatscht. Manche werden jeden Tag der kommenden Woche etwas Neues anziehen können. Manche werden ihren Annäherungsmantel oder -jacke durch die Welt tragen. Manche sind nicht mit allem ganz fertig geworden – aber jede erscheint zufrieden. Das können Sie in der Linkliste von MamamachtSachen nachlesen.

Liebes Frl. Ideal, das hätte Ihnen sicher auch gefallen. Nächstes Mal nehme ich Sie auch mit.

Ihre Tily.

PS: ach ja, etwas konnte ich auch nähen. Ein Schalkragenshirt nach unserem Standardschnitt von PatternCompany, zusammen mit einem Glockenrock frei nach einem alten Burdaschnitt. Der Stoff ist etwas dünn, das Ensemble wurde aber vom MannimHaus (meiner Qualitätsprüfung 😉 abgenommen. Außerdem konnte ich einen Rocksaum fertigstellen und einen Hosenreißverschluss reparieren – zwei Arbeiten, die mich zu Hause viel mehr Energie gekostet hätten. Hier ging es quasi nebenbei. Und meine ungebügelte Kostümjacke hat jetzt ein fertiges Außengerüst und eine halbfertige Futterjacke, hier fehlen noch die Ärmel, dann RV, Schulterpolster bzw. Ärmelfische ein- und alles zusammensetzen. Ostern bin ich vielleicht fertig 😉

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Nähmaschinenbeurteilung

Liebes Frl. Ideal,

Marja Katz hat eine Linkliste eröffnet für die Bewertung der Nähmaschinen. Das finde ich eine gute Idee, haben mir doch der ein oder andere Erfahrungsbericht im Internet bei der Entscheidung über unsere „Neue“ auch geholfen. Trotz aller Freude über die Neue arbeite ich aber auch gerne mit Ihnen, Frl. Ideal. Und es gibt da draußen wohl noch einige, die mit Ihren Schwestern unterwegs sind oder gar über einen Einzug nachdenken. Das kann ich der versierten oder am „echten Nähen“ Interessierten nur empfehlen. Deshalb fange ich mal mit einer Bewertung meiner langjährigen Hausgenossin an:

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Anschaffung und Folgekosten

  • Welches Modell hast Du, welchen Preis hatte Deine Nähmaschine und wann hast Du sie gekauft?

Frl. Ideal ist eine Ideal Standard Automatik 775, vermutlich Baujahr 1969/1970. Sie ist ein Erbstück. Der aktuelle Marktpreis wird vermutlich recht gering sein – vielleicht 50 Euro -, die Maschine dürfte damals ein sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis im mittleren Preissegment geboten haben.

  • Findest Du das Preis-Leistungs-Verhältnis angemessen?

Ja, unbedingt – ich hätte sie vermutlich auch damals schon gekauft.

  • Welche Eigenschaften waren für Dich ausschlaggebend für die Kaufentscheidung weitere Nutzung?

Frl. Ideal ist eine treue Maschine, mit der man durch Dick und Dünn (jedenfalls mit Seidenpapier) nähen kann. Ihre Wechselschablonen ermöglichen eine größere Anzahl von Zierstichen, als ich benötige.

  • Wieviel Zubehör wird mitgeliefert und wie teuer ist ein eventuelles Nachrüsten von Zubehör, z.B. Nähfüßchen?

Die Maschine hat umfangreiches Zubehör. 4 Nutzstich- und 17 Zierstichschablonen, ein Reißverschlussfuß, ein Knopfannähfuß, ein Biesenfuß, ein Rollsaumfuß, ein Abstandhalter und zwei Füßchen, deren Funktion sich mir nicht erschlossen hat, sind dabei. Außerdem ein Ersatzbirnchen, Maschinenöl und einiges Werkzeug.
Nachrüsten ist schwierig, Originalfüßchen habe ich noch nirgends gefunden. Ein Universalfüßchen für nahtverdeckte Reißverschlüsse passt gut.

  • Wieviel Zubehör gibt es insgesamt für Deine Nähmaschine, welches davon hast Du und welches davon nutzt Du am meisten? Welches möchtest Du unbedingt noch anschaffen?

Ob es noch mehr gibt, weiß ich nicht. Meist ist die Schablone für den Zickzackstich eingesetzt, mit der man auch Geradstich ausführen kann. Außerdem nutze ich den Rollsaumfuß, den alten Reißverschlussfuß und den neuen nahtverdeckten Reißverschlussfuß. Leider habe ich nur drei Unterspulen, das ist ein bisschen unpraktisch. Andererseits genügt es: Eine ist immer weiß, eine schwarz aufgespult, die dritte in der aktuellen Projektfarbe.

  • War Deine Nähmaschine schon einmal kaputt? Kannst Du eine Aussage darüber machen, ob die Reparatur- oder Wartungskosten hoch sind (z.B. aufgrund aufwendiger Elektronik)?

Nein, kaputt war sie noch nie. Alle Mucken lagen an fehlerhafter Anwendung. Seit ihrem Einzug war sie vielleicht 3-4mal in der Wartung, die kostet in etwa 70 Euro. Es ist nicht so einfach, jemanden dafür zu finden.

  • Wo würdest Du Dein Modell einordnen (Holzklasse, Mittelklasse, Luxusklasse) und für wen würdest Du es empfehlen (Anfänger, Fortgeschrittene, Profi)

Schwierig. Vermutlich wird jeder damit zurechtkommen. Man kann richtig nähen damit lernen, der Profi schätzt vielleicht die Zuverlässigkeit und braucht ohnehin keine Computerunterstützung.

Praktikabilität

  • Wie groß und wie schwer ist Deine Nähmaschine?

Nicht sonderlich groß, etwa 10 Kilo schwer, mit eigenem Koffer.

  • Kommt Deine Nähmaschine für einen Auf- und Abbau bei flexiblen Arbeitsplätzen in Frage oder ist sie eher für feste Arbeitsplätze geeignet?

Ziemlich transportabel, Auf- und Abbau sind kein Problem. Wackelige Untergründe führen allerdings zu erhöhter Lautstärke und höheren Vibrationen.

  • Wie aufwendig ist Abbau/Verpackung/Transport für gemeinsame Nähkränzchen?

Gegen Null.

  • Lässt sich die Nähmaschine gut reinigen oder kommst Du an einige Stellen gar nicht heran?

Super, auch die Stangenmechanik oben hat eine eigene Klappe.

  • Wie ist die Helligkeit der Beleuchtung?

Nach heutigem Standard definitiv funzelig. Also eher Kerzenstandard. Darauf kam es früher nicht so an. Mit meiner großen, guten Arbeitsplatzbeleuchtung aber kein Problem.

  • Wie laut ist die Maschine?

Wie neulich festgestellt, überraschend leise auf dem richtigen Untergrund 😉 Bei mir steht sie auf einer dämpfenden Fleece-Unterlage.

  • Ist die Maschine intuitiv bedienbar?

Ja! (wenn man schon mal an einer Nähmaschine gesessen hat.)

  • Ist die Bedienungsanleitung ausführlich genug?

Ausführlich und einfach.

  • Kann man die Nähmaschine auch ohne Pedal bedienen?

Nein.

Näheigenschaften

  • Welche Nähmaschine(n) hattest Du bisher? Wie schätzt Du Deine Maschine im Vergleich dazu ein?

Vorher nähte ich auf einer Tretmaschine. Heute kenne ich auch meine Neue – dazwischen liegt Fr. Ideal immer noch ideal.

  • Wie oft nähst Du? Was nähst Du hauptsächlich und findest Du Deine Nähmaschine dafür ungenügend, perfekt ausreichend oder etwas oversized?

Ich nähe, wenn ich Lust und Zeit habe. Eigentlich alles außer Quilts, Mäntel, Segel und Leder (das probiere ich aber demnächst aus). Frl. Ideal ist dafür sehr gut geeignet, bei Jerseys muss man ein wenig mit Nähfußdruck spielen und ebenso wie bei Seide etwas Geduld mitbringen.

  • Welches Feature fehlt Dir für Deine Näharbeiten und auf welches Vorhandene möchtest Du auf gar keinen Fall verzichten?

Nachdem ich einmal ein automatisches Knopfloch an einer fremden Maschine gesehen habe, fehlt mir das bei Frl. Ideal. Auf die robuste Verarbeitung und gute Eigenwartung möchte ich nicht verzichten.

  • Hat Deine Nähmaschine Features, die Du für unsinnig hältst?

Nein.

  • Welche Knopflochfunktion(en) hat Deine Nähmaschine und bist Du damit zufrieden? Was könnte besser sein?

Keine. Die Knopflochfunktion sitzt vor der Maschine. Wie das geht, habe ich schon mal gezeigt.

  • Potentielle Problemzonen
    • Wie näht Deine Nähmaschine enge Rundungen?
      – ein bisschen fummelig, aber gut
    • Ist das Stichbild sauber, auch bei sehr dickem Nähgut oder sehr schnellem Nähen?
      – ja, wenn man die Maschine richtig einstellt, was mit Füßchendruck, Stichlänge und-breite gut geht.
    • Ist der Stofftransport gerade und gleichmäßig, auch wenn Du den Stoff nicht aktiv führst?
      – ja, sehr gut.
    • Ist ein sauberes Nähen an Stoffkanten möglich, ohne dass sich die Naht oder der Stoff zusammenzieht? (Nahtanfänge, versäubern)
      – das braucht manchmal etwas Unterstützung
    • Werden elastische Stoffe problemlos genäht oder wellt der Stoff?
      – auch hier manchmal etwas Unterstützung notwendig, es gibt aber eine „Elastikstich“-Schablone.
    • Wie ist die Kontrolle über Nähgeschwindigkeit? Ist sehr schnelles oder sehr langsames Nähen (Stich für Stich) möglich?
      – perfekt für mich. Sowohl als auch, einzelne Stiche auch über das Handrad.
    • Bei welchen Nähfragen kommst Du an die Grenzen Deiner Nähmaschine? Was funktioniert überhaupt nicht?
      – sehr flutschige Jerseys mag ich nicht mit Frl. Ideal nähen, da werde ich zu ungeduldig. Oder Elasthananteile >5% wie manche Sport-Lycra-Stoffe. Alle anderen Grenzen sitzen vor der Maschine :-/

Wie ist Dein abschließendes Gesamturteil in Kurzform? Auf einer Skala von 1 bis 5 – wieviel Sterne würdest Du Deiner Nähmaschine geben und warum?

Der Nähmaschinen-Profi gibt der Maschine eine 8 von 10 Punkten, vermutlich wegen des einen Plastikteils. Toi, toi, toi, die sehr geringen Plastikanteile machen bei mir keine Probleme. Mit einer modernen Maschine geht aber doch vieles einfacher und man braucht insbesondere bei den Knopflöchern viel weniger Nähgeschick. Es ist ein bisschen wie mit dem Vergleich einer elektrischen Schreibmaschine mit Word. Man kann eigentlich alles erledigen, man muss sich nur vorher mehr Gedanken machen und seine Konzentration beisammen halten, weil Überschriften, Fußnoten etc von Anfang an mit Bedacht werden wollen.
Insgesamt von mir 9 von 10, oder hier eben 4,5 von 5.

Also, Frl. Ideal, jetzt wissen Sie genau was ich von Ihnen denke. Demnächst dann noch der Steckbrief für unsere noch immer namenlose Neue. Vielleicht hat ja eine unserer Brieffreundinnen einen Namensvorschlag?

Steppende Grüße,
Ihre Tily

WKSA 2015. Weihnachtskleid-Sewalong Teil 4

Liebes Frl. Ideal,

in der Adventszeit fliegen die Minuten noch schneller als sonst vorbei. Irgendwo las ich neulich, dass „Zeit-vergeht-schneller“-Phänomen hänge mit der im Alter steigenden Zeiterfahrung im Verhältnis zum einzelnen Tag/Woche/Monat zusammen. So gesehen, altere ich im Advent jedes Jahr schlagmals um weitere 40 Jahre. Wie geht es Ihnen damit?

Im Handumdrehen verging auch die letzte Woche seit WKSA Teil 3. Das Paillettenshirt ist fertig. MannimHaus moniert zwar die fehlende Körperbetontheit, und an MissFitting sieht es tatsächlich nach nichts aus. Mir gefällt es aber, es soll ja zum Tanzen sein.

Außerplanmäßig habe ich zusätzlich einen kurzen Rock aus dem wunderschönen Rest-Rückenteil-Stoff fabriziert. Der bestellte Stoff von Fashion for Designers war die Überraschung des Kölner Bloggerinnentreffens für mich: erst das zugesendete große Stoffstück zeigte mir den hervorragenden Fall und Griffigkeit des crepe-artigen Stoffs. Den merke ich mir für einfarbige Kleider mit raffiniertem Schnitt – er ist zu allem auch noch sehr gut zu nähen. Es gibt ihn in einer großen Farbauswahl.

Also bin ich theoretisch fertig mit einem Outfit – wenn auch nicht in der ursprünglich geplanen Kombination. Diese Woche ist pickepackevoll mit Aufgaben. Mal sehen, was an Zeit für weitere Näharbeiten übrig bleibt. Das Weihnachtsmenü ist jedenfalls schon geplant.

Steppende Grüße,
Ihre Tily.

PS: Die Me-Made-Mittwoch-Organisatorinnen haben zu einer Nähnerd-bezogenen Weihnachtsspende aufgerufen. Wie letztes Jahr ein schönes Projekt, was unterstützt wird. Und die übrigen WKSA-Teilnehmerinnen haben teilweise schon mehrere perfekte Kleider fertiggestellt. Wie machen die das?

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